Systematik der Bakterien

Vorlage:Hinweis Systematik Taxoboxen

Staphylococcus aureus

Die taxonomische Aufteilung der Bakterien und Archaeen ist nicht ganz unumstritten. Anfangs nur durch Aussehen und Physiologie klassifiziert, wird heute aufgrund neuer Möglichkeiten allgemein die Einteilung mittels phylogenetischer Analyse akzeptiert, wie es Carl Woese (1977,1990) vorgeschlagen hat.[1][2]

Für die Beschreibung von Genus und Art gibt es eine festgelegte Prozedur.[3] Durch Publikation oder Validierung im International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology (IJSEM) sind Gattung und Art festgelegt. Höhere Taxa können hier auch beschrieben werden. Der aktuelle Stand kann in der List of Prokaryotic names with Standing in Nomenclature (LPSN),[4] gepflegt durch Jean Euzéby, eingesehen werden. Dies entspricht dem internationalen Code der Nomenklatur von Bakterien (ICNB).[5] Diese Taxa werden ohne Anführungszeichen dargestellt.

Darüber hinaus wurde die globale Einteilung innerhalb der Bakterien reformiert, mittels phylogenetischer Analyse des 16S rRNS Gens[6]. Eine aktuelle Zusammenstellung der Taxa aus dieser und zahlreichen weiterführenden Publikationen erscheint in Bergey's Manual,[7] wobei mittlerweile zusätzlich zum 16S rRNS Gen teilweise weitere phylogenetische Markergene hinzugezogen werden. Einige dieser Taxa haben ihre Berechtigung, sind aber bis heute nicht valide publiziert oder werden generell nicht vom ICNB erfasst. Diese werden in Anführungszeichen dargestellt.

Diese Referenzliste höherer Taxa enthält die Taxa von Domäne bis Familie. Bei manchen Taxa gibt es widersprüchliche Einträge. Diese wurden auf Stichhaltigkeit geprüft, anhand der Originalliteratur und einer phylogenetischen Analyse.[8][9][10] Daher sind einige Abweichungen innerhalb der und von den oben beschriebenen relevanten Veröffentlichungen möglich. Ursachen dafür sind vielfältig und haben ihre Gründe. Eine Änderung einzelner Taxa sollte zunächst diskutiert werden und dann nur mit Angabe der Quelle erfolgen.

Grundlagen

Bakterien und Archaeen können im Gegensatz zu größeren mehrzelligen Eukaryoten nicht leicht in das klassische System der Taxonomie eingefügt werden. Einerseits gibt es keine sexuelle Vermehrung, weshalb der biologische Artbegriff (Ernst Mayr) nicht anwendbar ist, andererseits sind sie so klein, dass eine optische Beschreibung nicht immer wesentliche Erkenntnisse beisteuert, sodass ein phänetischer/morphologischer Artbegriff nur bedingt anwendbar ist. Eine physiologische Beschreibung trug zwar bald zur Klassifizierung bei, konnte jedoch mangels geeigneter Methoden nur eine unvollständige Einteilung bewerkstelligen. Nach der Erfindung der PCR (Polymerase-Kettenreaktion) waren Teile der genetischen Information der einzelnen Organismen zugänglich. Dabei wurde insbesondere die Sequenz der Gene für die RNS-Untereinheiten der ubiquitären Ribosomen als sinnvoller Marker für phylogenetische Analysen entdeckt. Jedes Lebewesen benötigt die in ihrer Entwicklung äußerst konservativen Ribosomen zum Zusammenbau der Proteine. Am erfolgreichsten, wenn auch nicht perfekt, war die Analyse mit Hilfe des Gens der 16S rRNS, Hauptbestandteil der kleinen Untereinheit des Ribosoms. Dadurch eröffneten sich nun ungeahnte Möglichkeiten zur phylogenetischen Analyse der Organismen, zusätzlich zu den bisherigen Methoden. Die Taxonomie der Mikroorganismen konnte überprüft werden – natürlich nicht ohne Auswirkungen. So sind viele bekannte Begriffe in Frage gestellt, aber derzeit noch nicht ganz von neuen abgelöst oder modifiziert, da meist deutlich mehr Arbeit damit verbunden ist, als ein paar Sequenzierungen. Die Systematik der Archaeen ist direkt in den Artikel der Archaeen integriert.

Taxa der Domäne Bakterien, deren Benutzung empfohlen wird

Phylum „Acidobacteria

Phylum „Actinobacteria

Phylum „Aquificae

Phylum „Bacteroidetes

Phylum „Caldisericia

Phylum „Chlamydiae

Phylum „Chlorobi

Phylum „Chloroflexi

Phylum „Chrysiogenetes

Phylum „Cyanobacteria

Phylum „Deferribacteres

Phylum „Deinococcus-Thermus

Phylum „Dictyoglomi

Phylum „Fibrobacteres

Phylum „Firmicutes

Phylum „Fusobacteria

Phylum „Gemmatimonadetes

Phylum „Lentisphaerae

Phylum „Nitrospira

Phylum „Planctomycetes

Phylum „Proteobacteria

Klasse Alphaproteobacteria

Klasse Betaproteobacteria

Klasse Gammaproteobacteria

Klasse Deltaproteobacteria

Klasse Epsilonproteobacteria

Phylum „Spirochaetes

Phylum „Synergistetes

Phylum „Tenericutes

Phylum „Thermodesulfobacteria

Phylum „Thermomicrobia

Phylum „Thermotogae

Phylum „Verrucomicrobia

Taxa, deren Zuordnung nicht oder noch nicht zweifelsfrei feststeht

Die Taxonomie der Bakterien ist Gegenstand zahlreicher, laufender Veränderungen und Verbesserungen aufgrund neuer Erkenntnisse, die einen neutralen, beobachtenden Standpunkt verunmöglichen. Einige höhere Taxa wurden oben nicht berücksichtigt, bei anderen sind in näherer Zukunft Änderungen zu erwarten. Dieser Anhang enthält Kommentare zur Klärung, soweit bekannt:

  • Phylum „Bacteroidetes“
    • Klasse „Bacteroidetes“
      • Ordnung „Bacteroidales“
        • Familie „Marinilabiaceae“: Sonstige Gründe
  • Phylum Dehalococcoides: Ein Typstamm konnen nicht isoliert werden (syntrophe Bakterien, Parasiten, Endosymbionten oder andere Gründe), daher nicht als Art, sondern als Candidatus definiert. Nach den derzeitigen Regeln des ICSB gibt es dafür keinen validierten Platz in der Taxonomie[11]. Vorläufig kein Eintrag.
  • Phylum Firmicutes: Die Stellung vieler Mitglieder dieses Phylums ist derzeit schlecht zu klären. Dabei spielt nicht nur historischer Ballast eine Rolle, sondern auch die eingeschränkten Möglichkeiten der phylogenetischen Analyse. Während einige Mitglieder aus nachvollziehbaren Gründen nur vollkommen falsch klassifiziert waren, kann man in einigen Bereichen weitgehende Änderungen nicht ausschließen. Diese betrifft unter anderem auch das Phylum Deferribacteres und den Phylumskandidaten Synergistetes. Mit der fortschreitenden Analyse ganzer Genome wird möglicherweise weiter Klarheit geschaffen.
    • Klasse „Bacilli“
      • Ordnung Bacillales
        • Familie Caryophanaceae: Sonstige Gründe
    • Klasse „Clostridia“
      • Ordnung Clostridiales
        • Familie Oscillospiraceae: Sonstige Gründe
      • Ordnung Natranaerobiales: Sonstige Gründe
    • Klasse Thermolithobacteria: Sonstige Gründe
  • Phylum Proteobacteria
    • Klasse Gammaproteobacteria: Die Stellung vieler Mitglieder dieses Phylums ist derzeit schlecht zu klären. Dabei spielt nicht nur historischer Ballast eine Rolle, sondern auch die eingeschränkten Möglichkeiten der phylogenetischen Analyse.
      • Ordnung Xanthomonadales
        • Familie Sinobacteraceae: Nach den Regeln des ICSB erfolgt möglicherweise noch eine Änderung. Vorläufig kein Eintrag.
    • Magnetococcus“ sp.: Bilden möglicherweise eine eigene Klasse der Proteobacteria. Ein Typstamm konnen nicht isoliert werden (syntrophe Bakterien, Parasiten, Endosymbionten oder andere Gründe), daher nicht als Art, sondern als Candidatus definiert. Nach den derzeitigen Regeln des ICSB gibt es dafür keinen validierten Platz in der Taxonomie.[11] Vorläufig kein Eintrag.
  • Phylum „Spirochaetes“
    • Klasse
      • Ordnung
        • Brevinemataceae: Sonstige Gründe
  • Phylum Tenericutes: Dieses Phylum wurde zusätzlich zur Information der Sequenzen des 16S rRNA Gens durch Unterschiede weiterer phylogenetischer Marker und seine besonderen Eigenschaften von den Firmicutes abgegrenzt. Die Sequenzen des 16S rRNA Gens zeigen direkte Verwandtschaft zur Klasse/Ordnung der „Erysipelotrichi“.
  • Phylum Verrucomicrobia
    • Klasse
      • Ordnung
        • Familie Xiphinematobacteriaceae: Ein Typstamm konnen nicht isoliert werden (syntrophe Bakterien, Parasiten, Endosymbionten oder andere Gründe), daher nicht als Art, sondern als Candidatus definiert. Nach den derzeitigen Regeln des ICSB gibt es dafür keinen validierten Platz in der Taxonomie.[11] Vorläufig kein Eintrag.
  • Ktedonobacteria (Unclassified Bacteria): Eine Zuordnung ist bisher schwierig, daher wurden nur Genus und Art valide beschrieben.

Einzelnachweise

  1. Woese CR, Fox GE. Phylogenetic structure of the prokaryotic domain: the primary kingdoms. Proc Natl Acad Sci U S A. 1977 Nov;74(11):5088-90. PMID 270744
  2. Woese CR, Kandler O, Wheelis ML. Towards a natural system of organisms: proposal for the domains Archaea, Bacteria, and Eucarya. Proc Natl Acad Sci U S A. 1990 Jun;87(12):4576-9. PMID 2112744
  3. Tindall BJ, Kämpfer P, Euzéby JP, Oren A. Valid publication of names of prokaryotes according to the rules of nomenclature: past history and current practice. Int J Syst Evol Microbiol. 2006 Nov;56(Pt 11):2715-20. PMID 17082418. DOI: 10.1099/ijs.0.64780-0)
  4. Euzéby JP. List of bacterial names with standing in nomenclature: a folder available on the Internet. Int. J. Syst. Bacteriol. 1997. 47:590-592. PMID 9103655.
  5. SP Lapage, PH Sneath, VBD Skerman, EF Lessel, HPR Seeliger, WA Clark. International Code of Nomenclature of Bacteria, 1990 Revision. (Bacteriological Code). ASM Press, Washington, D.C. 1992, ISBN 155581039X.
  6. Woese CR, Stackebrandt E, Macke TJ, Fox GE. A phylogenetic definition of the major eubacterial taxa. Syst Appl Microbiol. 1985;6:143-51. PMID 11542017
  7. Bergey's Manual Trust, Department of Microbiology, 527 Biological, Sciences Building, University of Georgia, Athens, GA 30602-2605, USA
  8. Ludwig, W., O. Strunk, R. Westram, L. Richter, H. Meier, and 27 other authors. 2004. ARB: a software environment for sequence data. Nucleic Acids Res. 32:1363-71.
  9. Pruesse, E., C. Quast, K. Knittel, B. Fuchs, W. Ludwig, J. Peplies, and F. O. Glöckner. SILVA: a comprehensive online resource for quality checked and aligned ribosomal RNA sequence data compatible with ARB. Nuc. Acids Res. 2007; Vol. 35, No. 21, p. 7188-7196.
  10. Yarza, P., M. Richter, J. Peplies, J. Euzeby, R. Amann, K. H. Schleifer, W. Ludwig, F. O. Glöckner, and R. Rossello-Mora. The All-Species Living Tree Project: a 16S rRNA-based phylogenetic tree of all sequenced type strains. Syst. Appl. Microbiol. (2008), doi:10.1016/j.syapm.2008.07.001.
  11. 11,0 11,1 11,2 De Vos P and Trüper HG. 2000. Judicial Commission of the International Committee on Systematic Bacteriology. IXth International (IUMS) Congress of Bacteriology and Applied Microbiology. Minutes of the meetings, 14, 15 and 18 August 1999, Sydney, Australia. Int J Syst Evol Microbiol. 50:2239–2244

Weblinks